„Wir haben gebrannt“
Melsungen – Die Partie war längst entschieden. Und nach Dana Centinis 12. Parade (58.) hätten sich die Kirchhofer Handballerinnen wirklich entspannen können. Taten sie aber nicht, obwohl das rhythmische Siegesklatschen der Fans in der Melsunger Stadtsporthalle längst eingesetzt hatte. Rannten weiter. Kämpften um jeden Ball als wär‘s der entscheidende. Und erhöhten durch Julie Hafner und Greta Kavaliauskaite sogar noch auf 38:28 (19:16) gegen den TuS Lintfort, der vom heimischen Handball-Zweitligisten in den letzten 20 Minuten nach allen Regeln der Kunst auseinander genommen wurde.
„Wir wollten es einfach“, fasste die überragende Nele Weyh das Erfolgsgeheimnis der ersatzgeschwächten Gastgeberinnen zusammen. Auf dem Feld sah das dann laut Trainer Schwarzwald so aus, „dass wir jede Chance genutzt haben, um den Express rollen zu lassen.“ Der überrollte einen ebenfalls personell angeschlagenen Gegner, dem auf der Zielgeraden die Körner ausgingen, während sich die Kirchhoferinnen in einen Rausch spielten – und gar nicht mehr aufhören wollten.
„Das ist für uns extrem den Bach runter gegangen“, bekannte TuS-Trainerin Bettina Grenz-Klein angesichts von insgesamt 16 Gegentoren aus der ersten und zweiten Welle. Dabei hatte ihre Mannschaft den besseren Start (2:4 nach sechs Minuten) und ließ sich auch von einem zwischenzeitlichen 5:0-Lauf der SG zum 12:7 (16.) nicht aus der Bahn werfen.
Obwohl Regisseurin Iker nach Anfangsproblemen die Zügel des Angriffsspiels ihrer Mannschaft mittlerweile fest in der Hand hatte. Obwohl Greta Kavaliauskaite mächtig aufdrehte, während Lintforts Torgarantin Prudence Kinlend von der vorgezogenen Julie Hafner effektvoll gestört wurde.
Atemberaubendes Umschaltspiel
Keine Frage: Der Kirchhof-Express hatte Fahrt aufgenommen, wurde aber von zwei Zeitstrafen und der Umstellung der TuS-Abwehr auf eine 5:1-Deckung bis zur Pause noch mal ausgebremst. Die Martin Schwarzwald dazu nutzte, um seine Schützlinge genau darauf einzustellen. Die spielten nämlich nicht nur mit Herz, sondern „auch mit dem Kopf“ (Kavaliauskaite), was sich entsprechend auszahlte.
Bestes Beispiel: Im Zusammenspiel mit Greta Kavaliauskaite blühte Nele Weyh Nach dem Wechsel am Kreis auf, während Lotte Iker „Indianerin“ Maxime Drent auf die falsche Fährte lockte. Bis zum 26:23 (43.) blieb der Tabellensechste noch dran, dann zog die SG über 31:24 (47.) und 35:27 (53.) unaufhaltsam davon. Dank eines atemberaubenden Umschaltspiels, mit dem Centinis Paraden genauso veredelt wurden wie zahlreiche Ballgewinne in der Deckung, die der Gäste-Offensive längst den Schneid abgekauft hatte.
„Wir haben gebrannt“, sagte Rückraumspielerin Kavaliauskaite. Und brannte irgendwie immer noch. Aber mit einem Lächeln, passend zu einem spektakulären Sieg.