Ein Hauch von Aufholjagd
Melsungen – Manchmal lässt sich bei der Analyse einer Niederlage ganz einfach konstatieren, dass der Gewinner besser, vielleicht sogar eine Nummer zu groß war. Das fällt dem objektiven Betrachter natürlich leichter als dem Verlierer, der zum Hadern neigt. Wie Nele Weyh. „Da wäre mehr drin gewesen“, ärgerte sich die Kreisläuferin der SG 09 Kirchhof nach der 26:32 (10:17)-Niederlage des heimischen Handball-Zweitligisten gegen den Aufstiegsaspiranten FA Göppingen.
Warum? Weil zumindest die Anfangsphase an die Gastgeberinnen ging. Da trug sie selbst drei Treffer zur 7:5-Führung bei (12.), dreimal mustergültig und unkonventionell bedient von Rückraumspielerin Spatz, die selbst ebenfalls – meist in der zweiten Welle – zuverlässig traf. Auch die Folge der Göppinger Probleme mit Kirchhofs 5:1-Deckung.
Dann aber hatte der Favorit den Bogen raus. „Wir haben das Tempo erhöht und unsere Wechsel haben gegriffen“, erklärte FA-Trainer Kiener die Wende. Gemeint war die frühe Einwechslung von Rückraumstrategin Pascale Wyder und von Routinier Breidert, die maßgeblich dafür sorgten, dass ihre Mannschaft nach einem 3:0-Lauf zum 7:9 (15.) bis zur Pause bereits vorentscheidend davonziehen konnte. Und dabei sogar eine doppelte Unterzahl unbeschadet überstand. Ein weiterer Faktor: Torfrau Petra Hlogyk, die mit 12 Paraden allein in der ersten Hälfte Kirchhofs Angriff verzagen ließ.
Stein des Anstoßes für SG-Coach Schwarzwald war allerdings, „dass wir uns in der Abwehr haben vereinzeln lassen und nicht mehr ausgeholfen haben, so dass fast jede 1:1-Situation in einen freien Abschluss mündete.“ Das setzte sich zunächst in der zweiten Hälfte fort, auch weil seine Schützlinge die robuste Kreisläuferin Louisa de Bellis, ebenfalls eingewechselt, überhaupt nicht in den Griff bekamen. Beim 14:23 (37.), dem vierten Tor der Ex-Bietigheimerin, drohte dem Aufsteiger sogar eine Abreibung, eher dieser seine „Comeback-Mentalität“ (Schwarzwald) aufblitzen ließ.
Die SG-Defensive blieb quirlig, stand nun aber auch kompakter. Der Tempogegenstoß funktionierte und im Tor steigerte sich Aleksandra Orowicz. „Ich habe mich schwer getan, nach meiner Einwechslung ins Spiel zu finden. Bin dann aber cool geblieben“, erklärte die 26-jährige Polin ihre 12 abgewehrten Bälle in der zweiten Halbzeit. Und als Deborah Spatz und Anamarija Boras auf 21:26 verkürzten (45.), wehte sogar ein Hauch von Aufholjagd durch die Stadtsporthalle. Doch dann verwarf Nele Weyh einen Siebenmeter und Marie Sauerwald scheiterte freistehend, ehe Verena Breidert mit ihrem Treffer zum 21:27 (49.) dem Spuk ein Ende bereitete
Die Partie gelaufen? Nein, ganz und gar nicht. In der 53. Minute brandete Jubel auf, der aber nichts mit dem Spielstand zu tun hatte. Wohl aber mit der Einwechslung und dem Comeback von Greta Kavaliauskaite. Als die Rückraumspielerin dann auch noch zum 23:29 traf (55.), stand die Halle Kopf.
Die Niederlage war zur Nebensache geworden. Und wurde dann auch von Martin Schwarzwald als „verdient“ abgehakt. Immerhin erleichtert darüber, dass seine Pausenansprache zumindest mit Verspätung gewirkt hatte. Und sich Kirchhof gegen den renommierten Gast noch mal aufgelehnt hatte.