Die Situation ist brenzlig. Muss die TSG Leihgestern die 3. Handball-Liga Frauen, Staffel Südwest, nach nur einer Saison wieder verlassen? Der erhöhte Abstieg in den vier Staffeln wegen der Verkleinerung der 3. Liga auf nur drei Staffeln hat zur Folge, dass jeweils nur die Teams bis inklusive Platz sieben den Klassenerhalt verbuchen. Als aktuell Neunter mit fünf Punkten Rückstand auf Rang sieben sieht es nicht gut aus für das Team aus Leihgestern. Aufgeben gilt aber nicht. Über die aktuelle Lage und mögliche Zukunftsszenarien unterhielten wir uns mit Milena „Mio“ Appel, die zusammen mit Leonie Nowak Mannschaftskapitänin ist.
Deine erste Saison in der 3. Liga ist auf der Zielgeraden. Wie bewertest und empfindest Du diese bisherige Zeit sportlich und emotional?
Erst einmal ist es für mich ein persönliches Highlight, nach dem grandiosen Aufstieg vergangenes Jahr nun in der dritthöchsten Klasse Deutschlands an den Start gehen zu dürfen. Wir hatten meiner Meinung nach eine starke Vorbereitung und sind gut in die Saison gestartet. Von Anfang an haben wir unter Beweis gestellt, dass wir mit Kampf- und Teamgeist den ein oder anderen – auch für manche unerwarteten – Sieg in der Liga einfahren und auch enge Spiele für uns entscheiden können. Das hat vor allem zu Beginn zu emotionalen Höhepunkten (wie dem Sieg gegen die HSG Gedern/Nidda) geführt. Im Moment befinden wir uns leider an einem kleinen Tiefpunkt, aus dem wir uns wieder berappeln müssen, um in der letzten Hälfte der Saison nochmal alles gegeben zu können.
Wie bewertest Du die Stärke der Liga?
Da es mein erstes Jahr in der 3. Liga ist, kann ich die Stärke der Liga im Vergleich zu den Jahren davor nur schwer einschätzen. Vom Gefühl her habe ich die Liga vielleicht ein bisschen stärker erwartet. Ich finde prinzipiell ist jede Mannschaft – auch der Bergische HC oder die TSG Mainz-Bretzenheim – an einem guten Tag schlagbar. Vor allem ab dem Mittelfeld bis zu den letzten Plätzen begegnen sich viele Teams auf Augenhöhe. Ausschlaggebend für den Sieg ist dann oft die Tagesform, die mentale Stärke oder die Erfahrung einzelner Charaktere in der Mannschaft.
Die TSG steckt leider unterhalb des rettenden Platzes fest. Was sind für dich die Ursachen dafür?
Wir hatten zu Beginn der Saison mit den Ausfällen von Anita Azinovic und Nessima Kerdi bereits herbe Verluste einstecken müssen, hinzu kamen dann noch die gesundheitsbedingte Pause von Leonie Nowak und die ein oder andere kranke oder verletzte Spielerin. Bis zu einem gewissen Zeitpunkt konnten wir das gut kompensieren, aber irgendwann zerrt das dann doch an den Kräften. Zudem hat nahezu jedes Spiel Endspiel-Charakter, was auf Dauer mental ziemlich herausfordernd ist. Gegen gleichwertige Mannschaften, wie sie in der zweiten Hälfte der Tabelle zu finden sind, musst du sowohl sportlich als auch mental alles aufbringen, um zu gewinnen.
Wie stellst Du dir den weiteren Saisonverlauf vor? Was kannst Du beitragen, um das soeben Genannte umzusetzen?
Nach der Niederlage am Wochenende wird es definitiv nicht einfacher, die Klasse zu halten. Wir haben keine andere Wahl, als nahezu jedes Spiel zu gewinnen. Und das wird schwer, vor allem weil wir noch starke Gegner vor der Brust haben. In den kommenden Spielen müssen wir unsere Unkonzentriertheiten und kleine Fehler abstellen und uns auf unsere Stärken besinnen: Die Abwehr und das schnelle Spiel nach vorne. Als Deckungsspielerin auf Halb und schnelle Linksaußen im Angriff kann ich entsprechend meinen Teil dazu beitragen. Mental müssen wir an uns glauben und uns gegenseitig unterstützen.
Was nimmst du aus dieser Saison mit für dich?
Das finde ich zum aktuellen Zeitpunkt noch schwierig zu beantworten. Wir stecken noch mitten in der Saison und die Reise ist noch nicht vorbei, es gibt für mich sowohl sportlich als auch mental noch viel zu lernen und mitzunehmen. Auf die Mannschaft bezogen würde ich spontan sagen: Das man mit Kampf- und Teamgeist jeden schlagen kann.
Wie würdest Du Deine persönliche sportliche Entwicklung charakterisieren, seit Du bei der TSG unter der Regie von Jonna Jensen trainierst?
Ich habe keine hochklassige Ausbildung genossen und habe lange gedacht, dass ich auch im Aktivenbereich keine großen Schritte mehr machen werde. Jonna hat mich vom Gegenteil überzeugt. Schon in den ersten Jahren habe ich eine sichtbare Entwicklung im athletischen und spielerischen Bereich gemacht. Ich habe durch Jonna, und auch durch meine damalige Mitspielerin Andi Schulz, zudem ein viel besseres Verständnis für das Handballspiel an sich entwickelt. Ich habe gelernt, dass oft schon Dinge wie Laufbereitschaft, Überzeugung und die Bereitschaft, alles fürs Team zu geben, dich zu einer besseren Handballerin machen.
Bleibst du im Abstiegsfall an Bord? Und welche Richtung soll dann die nächste Saison nehmen?
Ein Abstieg in die Oberliga wäre für mich persönlich kein Grund, die TSG zu verlassen. Ich fühle mich wohl und bin vor allem den Mädels und dem Trainerteam sehr dankbar. Was die nächste Saison bringt, wird sich zeigen. Ich bin mir aber sicher, dass die TSG auch in Zukunft einen ambitionierten Handball spielen und nach Höherem streben wird. Wer dazu bereit ist und auch im Aktivenbereich noch was dazu lernen möchte, kommt meiner Meinung nach nicht an Jonna und an der TSG vorbei.