Erst verkrampft, dann im Spielrausch, schließlich schmolz die Neun-Tore-Führung auf zwei Törchen zusammen. Am Ende hatten die Eulen Ludwigshafen mit einem 30:27 (17:14) gegen die junge Mannschaft des TSV Bayer Dormagen zwei Punkte eingefahren.
Malu Dreyer hat Spaß
1717 Zuschauer kamen am Dienstagabend zum Spiel, darunter die von der spannenden Partie sichtlich angetane Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die von Eulen-Geschäftsführerin Lisa Heßler in Empfang genommen wurde. Die Regierungschefin hatte Spaß, feuerte die Eulen an und sieht ihren Wortschatz um das herrliche „Hebt se“ bereichert. An ihrer Seite zitterte der fachkundige Lotto-Geschäftsführer Jürgen Häfner, ein bekennender Eulen-Fan, mit. 19 Unternehmen hatten sich an der Jobmesse beteiligt, für die sich die Ministerpräsidentin natürlich auch interessierte.
Leichte Entspannung
Die Personallage bei den Eulen entspannte sich am Dienstag ein wenig. Kreisläufer Kasper Manfeldt Hansen aber musste erkrankt passen. Marcel Reis, 21 Jahre junger Mittelmann aus dem HLZ, sollte sein Zweitliga-Debüt feiern, das aber krankheitsbedingt nicht stattfand. Marc-Robin Eisel (Mittelhandbruch) und Finn Leun (Fraktur im Brustbein) fehlten weiterhin. Wieder zur Verfügung stand Rechtsaußen Theo Straub. Kapitän Max Haider, Kian Schwarzer und Torhüter Žiga Urbič gehörten trotz Trainingsrückstands zum Spieltags-Kader.
Hana beflügelt Žiga Urbič
51 Zentimeter groß, 3180 Gramm schwer – das ist Hana Urbič.
Das Mädchen ist am Montag, 11.49 Uhr, im St. Marienkrankenhaus in Ludwigshafen geboren und macht das Glück von Tina und Žiga Urbič perfekt. Im Spiel gegen Dormagen war Žiga Urbič wieder im Kader und durfte sich über viele, viele Glückwünsche freuen. Der frischgebackene Vater startete im Tor und hatte nach 32 Sekunden seine erste Parade. Am Ende waren’s elf Paraden. Dabei situativ ganz wichtige wie die Fußabwehr beim Stand von 25:22 gegen Felix Böckenholt. „Die Gefühle in Žiga haben ihn zu dieser Leistung beflügelt …“, merkte Trainer Johannes Wohlrab lächelnd an.
Max Haider sieht früh Rot
Nach 30 Minuten führten die Eulen 17:13. Mit einem 5:0-Lauf zwischen der 24. und 30. Minute wurde die Pausenführung mit dezimiertem Kader erarbeitet. Kreisläufer Max Haider, trotz Rückenproblemen gestartet, hatte noch das 4:2 für seine Farben markiert, dann sah er in der 8. Minute nach Foul an Lucas Rehfus Rot. „Kann man geben“, gestand Eulen-Kapitän Haider. Sein Platzverweis – ein echtes Handicap für die Eulen, da durch den krankheitsbedingten Ausfall von Kasper Manfeldt Hansen mit Tom Bergner nur noch ein Kreisläufer verfügbar war. „Es war super unglücklich, dass ich Tom nach acht Minuten allein gelassen habe. Aber er hat es dann auch super gemacht“, lobte Haider den Kollegen Bergner (3 von 5).
Mex Raguse – der Mehrwert-Profi
Nach dem Seitenwechsel schrieben die Eulen ihren 5:0-Lauf fort, setzten sich mit drei weiteren Treffern in Folge auf 20:13 ab, führten nach 20 Minuten nach einem grandiosen Tempogegenstoß des jungen Theo Straub, initiiert von Mex Raguse, 23:14. Was dann geschah? Kian Schwarzer (6 von 9), der zunächst nach Belieben traf, scheiterte am Pfosten (40.). Es war einer von fünf Aluminiumtreffer der Eulen. Bayer-Torhüter Christian Simonsen erwies sich zudem mit 17 starken Paraden als Rückhalt der Mannschaft von Trainer Matthias Flohr. Dormagen holte auf, zwölf Minuten vor dem Ende verkürzte der starke Gäste-Kreisläufer Jan-Christian Schmidt auf 22:25. Im Gegenzug vergab Mihailo Ilic, der in der Abwehr gut agierte, als gelernter Halblinker auf halbrechts den überspielt wirkenden Jannek Klein phasenweise entlastete. Es blieb eng, weil auch Sebastian Trost (2 von 4) am Pfosten scheiterte (50.). Nach Kleins Balleroberung unterlief Mex Raguse ein technischer Fehler, den Torhüter Žiga Urbič mit Fußabwehr gegen Böckenholt ausmerzte (52.). „Žiga hat uns den Arsch gerettet“, bemerkte Jannek Klein (5 von 11), dem mit einem Kraftakt das wichtige 27:24 gelang (54.). Seinen Mehrwert unterstrich in der Schlussphase Mex Raguse, der erst drei Stunden vor dem Spiel aus Berlin zurückkam, wo er an der Uni eine Klausur zu schreiben hatte. Raguse (6 von 9, dazu 5 Assists) donnerte den Ball vier Minuten vor dem Ende mit einem satten Sprungwurf zum 29:25 in die Maschen. Das Zittern aber war noch nicht vorbei, denn Raguse scheiterte am Pfosten, Klein an Simonsen. 114 Sekunden vor dem Abpfiff quittierte Alexander Falk eine Zeitstrafe, die Eulen mussten das Spiel in Unterzahl zu Ende bringen. 89 Sekunden waren noch zu spielen, als der starke Böckenholt zum 27:29 verkürzte. Für die Erlösung der Eulen-Fans sorgte der stark auftrumpfende Rechtsaußen Theo Straub mit dem 30:27 61 Sekunden vor Schluss. Urbič ließ noch eine elfte umjubelte Parade folgen, dann war der Boden für die Humba bereitet, bei der der Torhüter gefeiert wurde.
Theo Straub trumpft auf
Humba-Star zu werden hätte an diesem Abend aber auch der 19-jährige Theo Straub verdient gehabt. Er hatte eine 100-Prozent-Quote, machte 4 von 4, verblüffte einmal mehr mit seinem reichhaltigen Wurfrepertoire und wirkte fast immer eiskalt vor Gegners Tor. „Theo hat ein super Spiel gemacht“, lobte Kollege Alex Falk den „Eisblock“. „Ich weiß nicht, wieso wir es uns nach der klaren Führung noch einmal so schwer gemacht haben. Da fühlten wir uns auf einmal zu sicher, hatten unkonzentriert ein paar Fehlwürfe“, sagte Straub, der trotz seiner Offensiv-Gala auch deutlich machte, wo er noch besser werden muss (und kann): „Einige Male habe ich den Außen hinter meinem Rücken weglaufen lassen …“ Begeistert hat den Junioren-Nationalspieler die Stimmung in der Halle, auch die Polonaise, angeführt von Tim, der Eule, hatte er trotz aller Hektik und Anspannung registriert: „Bei der Stimmung kommt man schon mal in einen Flow.“
Stolz auf tolle Energieleistung
„Wir haben ein richtig tolles Handballspiel gesehen“, sagte Bayer-Trainer Matthias Flohr, der beide Mannschaften personell „enorm angeschlagen“ sah. Mit Patrick Hüter, Alexander Senden und Frederik Sondermann fehlten ihm speziell im Abwehrverbund drei routinierte Kräfte. „Sehr traurig“ stimmte den Coach, dass die tolle Moral nicht belohnt wurde, die Aufholjagd letztlich erfolglos blieb. „Ich bin unheimlich stolz auf die Energieleistung meiner Mannschaft in den ersten 45 Minuten“, sagte Eulen-Coach Joh Wohlrab. Drei Tage nach dem Hüttenberg-Spiel sei der personell ausgedünnte Kader dann aber platt gewesen.