Aufstieg in die zweite Bundesliga – Der MZ-Bericht



Fulminant haben die Handballfrauen des ESV 1927 Regensburg für den größten Erfolg in der 91-jährigen Historie der Abteilung gesorgt. Dank des 39:27 (20:15)-Schützenfests im Endspiel an der Dechbettener Brücke über den SV Allensbach sicherten sich die Bunkerladies den Aufstieg in die eingleisige 2. Liga. Rund 7000 Zuschauer verfolgten das Geisterspiel via Livestream, der, wie vor Wochenfrist beim 32:25-Heimerfolg über den MTV Heide, bundesweites großes Lob im Chat erfuhr. Die Mannschaft kann jetzt entspannt verfolgen, wer aus der Aufstiegsrunde eine Etage höher folgt. Das letzte Ticket wird im Endspiel zwischen ESV-Bezwinger TV Aldekerk und dem MTV Heide ermittelt.

Die Blau-Schwarzen gehen im zweiten Anlauf – vor zwölf Monaten machten die finanziellen Unwägbarkeiten wegen Corona einen Strich durch die Rechnung – als einziger bayerischer Verein in der Saison 2021/22 in einer der beiden höchsten Ligen ins Rennen.

Mittelfristig scheint für den Handball-Standort Regensburg gar Bahnbrechendes möglich. Vor einer Woche hatte Sportbürgermeisterin Astrid Freudenstein im Interview mit Moderator Armin Wolf aufhorchen lassen, dass „in der nächsten Legislaturperiode so was von hundertprozentig“ eine Ballsporthalle gebaut wird. Vor dem Anwurf der Allensbach-Partie lockte Schelm Armin Wolf mit einer Frage, die die Antwort schon beinhaltet, die Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer aus der Reserve: „Ich gehe davon aus, dass Sie versuchen, Sponsoren zu akquirieren, wenn der Aufstieg geschultert ist?“ Festnageln ließ sich die OB nicht, versprach jedoch: „Momentan ist die Sponsorensuche überall schwierig. Aber ich setze mich dafür ein, dass es nicht mehr passiert, dass der Verein aus finanziellen Gründen auf die 2. Liga verzichten muss.“

Welches Potenzial im weiblichen Handball im Freistaat schlummert, offenbarte im Halbzeit-Interview BHV-Präsident George Clarke: „Wir als Verband brauchen dringend ein Projekt, dass leistungsorientierten Mädchen unter professionellen Bedingungen in Bayern trainieren können.“ Sollten in Regensburg die Strukturen geschaffen werden, könne man dem jährlichen Abwandern der Talente in andere Bundesländer vorbeugen. „Das Ziel der Stadt Regensburg mit einer neuen Ballsporthalle haben wir vernommen“, sagte Clarke und kündigte „intensive Gespräche mit dem ESV an, um hier einen Leistungsstützpunkt zu installieren“. Wolf legte die Latte per Nebensatz hoch: „Für Baseball haben wir ein Landesleistungszentrum in Form eines Internats in Regensburg.“

Auf dem Spielfeld hatte Galionsfigur Franzi Peter das erste und das letzten Wort. Nach nervösem Beginn eröffnete die Linkshänderin für den ESV mit dem 1:2 (3.)-Anschluss den Torreigen – und schloss diesen auf kuriose Weise: Zwei Sekunden vor Schluss feuerte die Torjägerin weit in der eigenen Hälfte den Ball durch Freund und Feind hindurch ab, das geharzte Leder klatschte an den Pfosten, von dort an den Unterschenkel der verdutzten SV-Torfrau Joelle Arno ins Gehäuse.

Die Schlüsselszene (8.) spielte dem ESV in die Karten: Die bis dahin sehr stark parierende Junioren-Nationaltorfrau Leonie Kuntz verdrehte sich bei einer Abwehr das Knie, musste hinkend raus. Unmittelbar zuvor hatte Nicole Schiegerl ihre Blockade der Vorwoche beendet: Ihren ersten Gegenstoß verwertete Regensburgs Rechtsaußen zum ersten Ausgleich bei 5:5 (7.).

Nach der Pause die Vorentscheidung: Drei Minuten lang „Wild-West-Handball“ mit beiderseits unnötigen Ballverlusten und überhasteten Abschlüssen, beendete die wurffreudige Amelie Bayerl zum 21:15 (34.). Keine fünf Minuten später prangte ein 25:17 an der Anzeigetafel, auch die dritte Gästeauszeit (40.) konnte den ESV nicht bremsen.
Mustafic feiert Comeback

Nun räumte Trainer Csaba Szücs der unermüdlichen Franzi Peter in der Abwehr Verschnaufpausen ein, es durfte sich ihre 17-jährige Schwester Sophia auf ihrer Lieblingsposition auf Rückraum Mitte zeigen. Und nach langer Verletzungspause feierte Kreisläuferin Sara Mustafic ihr Comeback, traf mit dem ersten Ballkontakt zum 36:24.

Nach der Schlusssirene schwappten die Emotionen über, der sonst zurückhaltende Trainer Csaba Szücs ließ sich von seiner Truppe zum Mitfeiern animieren. „Wichtig war, dass wir nach dem holprigen Start nicht unsere Linie verloren haben“, bilanzierte Szücs: „Unsere Abwehr hat an Konzentration zugelegt, so konnten wir immer mehr Druck auf Allensbachs Angriff ausüben. Den haben wir zunächst zu nah an die Sechs-Meterlinie rankommen lassen.“ Nach 45 Minuten war er sich sicher: „Mit einem Zehn-Tore-Vorsprung und so, wie wir spielen, können wir nicht mehr verlieren“. Als Coach einer Männer-Truppe habe er in der 3. Liga mal miterleben müssen, wie ein Elf-Tore-Polster aus der Hand glitt.

Quelle: https://www.mittelbayerische.de/sport/regional/regensburg-nachrichten/die-ob-will-sich-fuer-den-esv-einsetzen-21524-art2006481.html

Foto: Christian Brüssel
Autor: Gerd Winkler

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