Für Deutschlands Handballer startet mit der Olympia-Euphorie im Rücken der WM-Countdown. Vor dem ersten Länderspiel seit dem Silber-Coup plagen Alfred Gislason aber Personalsorgen.
Großwallstadt (SID) Juri Knorr? Versorgt seinen gebrochenen Daumen. Julian Köster? Laboriert an einem Innenbandriss. Franz Semper? Muss sein Knie schonen. Philipp Weber? Fehlt aus persönlichen Gründen. Die schlechten Nachrichten für Alfred Gislason nahmen scheinbar kein Ende. Doch wenn der Bundestrainer die deutschen Handballer am Montag erstmals nach dem olympischen Silber-Coup um sich versammelt, lässt er keine Ausreden gelten.
“Es ist schade, dass Stammkräfte nicht dabei sind, aber dann müssen andere in die Bresche springen. Viele, die auf mehr Spielzeiten gehofft haben, werden sie jetzt bekommen”, sagte der Isländer dem Sport-Informations-Dienst (SID) vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen die Schweiz. Sein Team müsse sich “zusammenreißen”, schließlich startet mit der Partie gegen die Eidgenossen und deren Nationalcoach Andy Schmid am Donnerstag (18.30 Uhr/sportschau.de) in Mannheim auch der WM-Countdown.
Rund zwei Monate vor Beginn der Weltmeisterschaft in Dänemark, Norwegen und Kroatien (14. Januar bis 2. Februar 2025) hofft Gislason, in der Vorbereitung von den magischen Momenten bei den Sommerspielen in Frankreich zu zehren. “Ich freue mich sehr, die Mannschaft endlich wiederzusehen”, sagte Gislason vor dem Lehrgangsstart in Großwallstadt.
86 Tage nach der klaren Finalniederlage bei Olympia gegen Weltmeister Dänemark (26:39) erwartet der DHB-Coach eine knifflige, aber auch “sehr interessante” Woche. Die Schweiz, in der WM-Vorrunde von Herning einer von drei deutschen Gegnern, wird seit Februar von der früheren Bundesliga-Ikone Schmid betreut, dem langjährigen Spielmacher der Rhein-Neckar Löwen steht in Ex-Nationalspieler Fabian Böhm außerdem ein alter Bekannter als Co-Trainer zur Seite. “Wir müssen sehr aufpassen”, warnte Gislason.
Alles andere als zwei Siege – drei Tage nach dem Schweiz-Spiel reist Deutschland zum Gastspiel bei Außenseiter Türkei – wäre beim Blick auf die jüngste Entwicklung der Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) aber eine Riesenüberraschung. Nach dem vierten Platz bei der Heim-EM im Januar überzeugte Gislasons Team bei Olympia. Nicht zuletzt der dramatische Viertelfinal-Sieg gegen Gastgeber und Europameister Frankreich oder der Halbfinal-Erfolg gegen Spanien zeugten von einer neuen Reife und Abgezocktheit des jungen deutschen Teams.
“Eigentlich”, sagte Gislason schmunzelnd, sei die Planung gewesen, erst “2027 bei der Heim-WM ins Finale gegen Dänemark zu kommen”. Auf dem Weg dorthin sei es nun wichtig, Kontinuität zu entwickeln. Der DHB-Coach vertraut daher im Wesentlichen weiter auf seine Olympia-Helden um Kapitän Johannes Golla und Torhüter Andreas Wolff.
Neben Knorr und Köster fehlt aber auch Rechtsaußen Tim Hornke weiterhin verletzt. Semper, der eigentlich für die Spiele vorgesehen war, musste ebenso kurzfristig absagen wie Philipp Weber, der sein Comeback im DHB-Trikot geben sollte. Stattdessen kehren Timo Kastening, Nils Lichtlein und Lukas Stutzke zurück.
Abseits des Feldes kommt es in Mannheim zu zwei Premieren: Benjamin Chatton erlebt als Teammanager der Nationalmannschaft ebenso sein erstes Länderspiel wie Ingo Meckes in seiner Rolle als DHB-Sportvorstand. “In der kommenden Lehrgangswoche geht es sowohl um einen optimalen Start in die EM-Qualifikation als auch um ein Fundament für die WM 2025”, bekräftigte Meckes. Der 48-Jährige folgte auf Axel Kromer, dessen Vertrag der Verband nicht verlängert hatte.