Bundestrainer Alfred Gislason setzt in der EM-Qualifikation auf die Jugend. Die Mischung im deutschen Team ist vielversprechend, die Junioren-Weltmeister von 2023 geben mehr und mehr den Ton an.
David Späth drückt dem WM-Pokal einen Kuss auf, dann reckt der Torwart mit dem Bubigesicht die Trophäe seinen Teamkollegen entgegen. Anschließend tanzen Renars Uscins und all die anderen DHB-Youngster glückselig durch den Konfetti-Regen von Berlin. Deutschland ist erstmals seit zwölf Jahren wieder Junioren-Weltmeister – die glanzvollen Auftritte von Uscins und Co. schüren Hoffnungen auf eine goldene Handball-Zukunft.
Heute, fast zwei Jahre nach dem Coup vom 2. Juli 2023, kommen fast zwangsläufig die alten Erinnerungen wieder hoch. Auf nicht weniger als sieben Helden von damals setzt Bundestrainer Alfred Gislason im finalen Länderspiel-Doppelpack in der EM-Qualifikation. Wenn es am Mittwoch in Zürich gegen die Schweiz (19.00 Uhr) und am Sonntag in Stuttgart gegen die Türkei (18.00 Uhr/beide sportschau.de und Dyn) um den Gruppensieg geht, entstammt mehr als ein Drittel des deutschen Teams dem goldenen Jahrgang. „Das ist schon megacool“, sagte Späth am Dienstag in Winterthur. Er spüre „die alten Vibes von früher“.
Gislason beobachtet die Entwicklung nicht ohne Stolz. Viele der 2023-Weltmeister hätten im A-Team inzwischen tragende Rollen inne. „Ich freue mich sehr, den jungen Leuten eine Chance zu geben“, sagte der Isländer, schob allerdings direkt hinterher: „Sie müssen ihre Leistung aber morgen auch zeigen.“
Natürlich geht es für Gislason und seine Gipfelstürmer in erster Linie darum, sich mit Blick auf die Setzliste für die Auslosung, die in der kommenden Woche im dänischen Herning stattfindet, den ersten Platz in Gruppe 7 zu sichern. Dafür genügt schon ein Sieg am Mittwoch. „Wir schauen in dieser Lehrgangswoche aber auch auf die kommenden Turniere“, betont Gislason, „und haben deshalb auf mehreren Positionen weitere Spieler mit Perspektive im Blick.“
Der Jugendstil hat endgültig Einzug erhalten in der Nationalmannschaft. Neben Späth und Uscins gehören allmählich auch Nils Lichtlein und Justus Fischer zu den Leistungsträgern. Für die letzten Länderspiele der Saison nominierte Gislason erneut auch Tim Freihöfer. Zudem dürfen sich in Matthes Langhoff von Bundesliga-Tabellenführer Füchse Berlin und dem Gummersbacher Rechtsaußen Mathis Häseler zwei weitere ehemalige Juniorenspieler Hoffnungen auf ihr Debüt im A-Team machen.
Wenn Spieler des Geburtsjahrgangs 2000 wie Julian Köster im Training beim Fußball schon bei „alt“ mitspielen, sei das „schön“. Es gehe bei ihm, das betonte Gislason, aber weiterhin „nicht nach Alter sondern nach Leistung“.
Unabhängig davon ist die Perspektive des deutschen Teams richtig gut. Erstaunlich ist die Tatsache, dass mit Keeper Andreas Wolff (34) nur ein einziger Spieler die 30 schon passiert hat. Und weil selbst Führungsspieler wie Kapitän Johannes Golla (27), Spielmacher Juri Knorr (24) und Abwehrchef Köster (25) noch ausgesprochen jung sind, dürfte die aktuelle Mannschaft ihren Zenit noch lange nicht erreicht haben. Nicht zu vergessen ist Torjäger Marko Grgic, der mit seinen 21 Jahren die Bundesliga-Torschützenliste mit 232 Treffern vor Welthandballer Mathias Gidsel (216) anführt.
Der Traum von Gold bei der Heim-WM 2027, so die Momentaufnahme, lebt – dem Jugendstil sei Dank.
Hamburg (SID)