HV Grün-Weiß Werder – Oranienburger HC 24:25 (13:11). Dramatischer hätte dieses Spiel nicht verlaufen können. 49 Minuten lang lag der gastgebende Tabellenletzte HV Grün-Weiß Werder in Führung. 120 Sekunden vor Schluss geriet das Team in dem Brandenburgderby durch ein Tor von Aaron Krai erstmals wieder in Rückstand, glich durch Jardel Suana aber noch einmal zum 24:24 aus. Der OHC verlor anschließend den Ball, Werder war drauf und dran, die Zeit runterzuspielen und womöglich erneut zuschlagen. Doch das Team schenkte den Ball her. Der Gegenstoß (Anton Wagner-Douglas) wurde gestoppt. Freiwurf für den OHC fünf Sekunden vor Schluss. Aaron Krai – in solchen Situationen oft der Mann für alle Fälle – passte von halblinks kaltschnäuzig diagonal in den Sechser. Der einfliegende Max Bauer fängt den Ball und verwertet ihn in der Schlusssekunde zum 25:24-Siegtreffer – direkt vorm eigenen elektrisierten Fanblock. Schluss, aus! Die Oranienburger Spieler stürmten durch die Halle, ihrem Helden hinterher.
„Ich habe diesen Spielzug genau so angesagt“, gab OHC-Trainer Tim Fröhlich nach dem Spiel völlig aufgelöst zu Protokoll. Der 38-Jährige brauchte minutenlang, um sich von diesem Thriller zu erholen. Er hatte von dem schwierigsten Spiel für sein Team bis zum Saisonende gesprochen. Dass es so lief, wie es lief, hatte er in seinem schlimmsten Traum nicht erwartet. „Wir spielen beim Tabellenletzten, der personell auch noch geschwächt ist – und dann schaffen wir es nicht, von der ersten Minute an voll da zu sein. In der Kabine hing der Schriftzug ‚Wir können uns nur selbst schlagen‘. Genau so verlief das Spiel.“
In der Offensive reihte sich ein Fehler an den anderen. So lud der OHC den Gastgeber nach der eigenen 3:2-Führung zu einfachen Treffern ein. Allein dreimal traf Werder nach Ballverlusten ins leere Oranienburger Tor. Der Treffer zum 4:3 für Werder durch Stefan Darius (9.) war der Beginn der Dauer-Führung für die Hausherren. Die schraubten das Resultat scheinbar problemlos auf 13:8 (25.), hätten sogar noch deutlicher führen können. Dank einer doppelten Überzahl – u.a. erhielt Dominik Nehls die blaue Karte (28.) – und schnellen Toren nach Ballgewinnen verkürzte der inzwischen mit einem komplett neuen Rückraum-Trio agierende Gast unmittelbar vor der Pause auf 13:11.
Das konfuse Spiel der Oranienburger – aufgrund der Tabellensituation Favorit in der Partie – setzte sich fort. „Wir wollten diszipliniert spielen – machen das aber nicht, verwerfen die Bälle weiterhin“, so der Coach. Sein „Co“ Patrick Lehmann ärgert sich darüber, „dass wir mehrfach dran sind. In der Abwehr erkämpfen wir uns die Bälle, aber stellen nicht auf ‚plus 1‘, weil wir sie wegschmeißen“.
Werder, nach der Disqualifikation nur noch mit drei Wechselspielern (plus zwei Torwarte) auf der Bank, hängte sich kolossal rein in das Spiel. Immer, wenn der OHC die Chance zum Ausgleich bekam (13:12, 15:14, 18:17), hatte Grün-Weiß eine Antwort parat. Beim 19:19 (47., Alexander Pietsch) sah es nach einer Wende aus. Denkste! Mit drei Toren in Folge setzte sich der Gastgeber wieder ab (22:19, 23:20/52.). Hatten kurz die zahlreichen Oranienburger Fans gejubelt, waren jetzt die Anhänger der Grün-Weißen wieder obenauf (268 Zuschauer insgesamt).
Die Crunchtime gehörte Oranienburg: Niklas Danowski, Anton Wagner-Douglas, Robert Barten und Aaron Krai trafen zur 24:23-Führung, ehe das Spektakel in den letzten 120 Sekunden seinen Höhepunkt mit dem Happyend für den OHC fand.
„Wenn man sich den Spielverlauf ansieht, hatte sich Werder einen, wenn nicht sogar beide Punkte verdient. Vielleicht war es am Ende die Moral und der Glaube daran, dass man solche dreckigen Spiele gewinnen muss“, so Tim Fröhlich.
Die Mannschaft feierte diesen Sieg in der Kabine ausgelassen und mit Gesängen. Max Bauer, der die Verantwortung für die letzte Aktion übernommen hatte, sei deshalb keineswegs nervös gewesen. „Ich bin gemacht für solche Situationen“, sagte er in seiner Euphorie während der Jubel-Arie beim Siegerfoto.
Werder: Schüler, Pfefferkorn, Folgmann – Teller, Schwark (4), Nehls (1), Farchmin (1), Suana (3), Boede (2/1), Junghanns (4/1), Darius (2), Hesselmann (6/2), Dobberitz (1)
Oranienburg: Twarz, Porath – Danowski (4), Gerntke, Krai (4), Schmöker, Barten (1), Hase (3), Pietsch (3), Heil (1), Wagner-Douglas (2), Reineck, Bauer (3), Lux, Dederding (3), J. Porath (1/1)
Quelle: Oranienburger HC
Foto: Oranienburger HC