Oranienburger HC entzaubert den Gastgeber in 60 wechselvollen Minuten und mit grenzenlosem Einsatz
SV Anhalt Bernburg – Oranienburger HC 27:34 (17:15). Was war das denn für ein irres Spiel? Eindeutig die Fortsetzung des ganz normalen Bernburger Wahnsinns. Für den OHC gab es in der Saale-Stadt noch nicht ein einziges Durchschnittsspiel. Viele Tore (67), wenige Tore (31), harte Auseinandersetzungen und immer sehr impulsive Fans. Diesen Kapiteln wurde am Samstag ein weiteres dazugefügt.
Der OHC zündete mit dem Anpfiff den Turbo, Bernburg rannte nur hinterher. Die körperliche Frische und Präsenz sowie der konsequente Abschluss verschafften den Gästen nach nicht einmal acht Minuten ein 6:1-Polster. Alles klappte. Und dann legten die Bernburger den Schalter um, spielten sich in einen Rausch. Nutznießer war der Staffel-Torschützenkönig Nico Richter. Fünfmal traf er bis zur Pause, die gefürchteten Tempogegenstöße nutzte er unbarmherzig. Mit einem 8:0-Lauf stellte der Gastgeber den bisherigen Spielverlauf auf den Kopf. Die eigenen Fans waren elektrisiert. Nach 20 Minuten führte Bernburg 12:8. „Ich hatte nie das Gefühl, dass wir zwei Tore schlechter waren. Es lag an den vielen Bällen, die wir im Angriff hergegeben haben“, skizzierte OHC-Trainer Darius Krai seine Sicht der Dinge nach dem 17:15-Pausenstand. Der fiel so hoch aus, weil beide Torhüter kaum eine Hand an den Ball bekamen.
Vor dem Spiel hatte der Coach gesagt, dass seine Mannschaft die Halle ruhig kriegen müsse, um gegen die zuletzt bärenstarken Bernburger eine Chance zu haben. Mit ihren Trommeln, Tröten, Hupen und vor allem ihrem überschäumenden Enthusiasmus hatten die SVA-Fans unter den 312 Zuschauern die Arena im Griff. Als aber Kevin Lux in Unterzahl zum 21:21 ausglich (40.), Julius Porath (2) und Erik Gerntke zur 24:21-Gästeführung nachlegten, sank der Geräuschpegel zusehends. „Uns war klar: Hier gegen Bernburg musst du kämpfen, kämpfen, kämpfen. Immer weiter, immer weiter – dann hast du eine Chance“, sagte der zehnfache OHC-Torschütze Julius Porath. 100-prozentig motiviert und fokussiert – so machte der OHC die Bernburger kirre. Torwart Lewin Harries war nach dem Anfang der zweiten Hälfte parierten Siebenmeter plötzlich im Spiel. Oranienburg schlug den Gastgeber, bei dem OHC-Neuzugang Tim Ehmke eine gute Rolle spielte, mit seinen eigenen Waffen: mit Ballgewinnen in der Abwehr und schnellen Toren. Die Bernburger Mannschaft fiel regelrecht auseinander.
Fan-Gesänge gab es nur noch aus einer Ecke der Halle: Die etwa zehn mitgereisten OHC-Anhänger, darunter einige Spielerinnen des ersten Frauenteams, kamen aus dem Torjubel gar nicht mehr heraus. Der 9:1-Lauf des eigenen Teams (vom 19:21-Rückstand bis zur 28:22-Führung) binnen 14 Minuten versetzte sie und die Mannschaft in Euphorie. Die ging bis in die „Nachspielzeit“, als sie der Mannschaft mit der Mini-La-Ola-Welle Respekt zollten.
Bernburg: Ohm (1), Baum – Kwoczalla (1), Friedrich, Schulze, Klimaschewski (1), Froschauer (2), Grafenhorst (2), Gehlert (1), Krömke (1), Gogava, Richter (6/1), Osterloh (2), Belhadi, Herz (5), Ehmke (5).
Oranienburg: Harries, Rose – Gerntke (2), Krai (2), Schmöker (3), Barten (3/1), Pastor, Danowski (3), Lux (5), Dederding (4), J. Porath (10/5), Williams (2), Hartung.