Ein Auswärtsspiel ohne zehn Stammspieler, keiner der fünf Nationalspieler im Aufgebot, dazu eine frühe Rote Karte gegen Toptorschütze Julius Meyer-Siebert in der 13. Spielminute: Dem ASV Hamm-Westfalen war all dies am Freitagabend bei Tabellenschlusslicht HSG Konstanz egal. Die Mannschaft von Michael Hegemann, in der vier Akteure aus der Regionalligamannschaft sowie der A-Jugendliche Johann Vöing zum Einsatz kamen, feierte vor 850 Zuschauern in der Schänzle-Sporthalle mit 28:25 (12:11) einen regelrechten Sensationssieg beim Schlusslicht HSG Konstanz. „Das ist einer der tollsten Siege, bei dem ich dabei war“, brachte es Ex-Nationalspieler Niko Katsigiannis direkt nach der Partie im TV-Interview auf den Punkt. Ein Lob des 42-Jährigen an seine Teamkollegen, das höher nicht hätte ausfallen können. Und das mehr als berechtigt war.
Zunächst fanden die Gäste schwer ins Spiel. Erst nach über fünf Minuten traf Jonas Stüber zum ersten Mal zum 1:2. Bis zur 26. Minute dauerte es, ehe den Westfalen erstmalig der Ausgleich gelang. Bis dahin lagen die Gastgeber, die endlich den ersten Punktgewinn der Saison feiern wollten, durchgehend mit ein oder zwei Toren in Führung. Dabei war es mehrfach Torwart Katsigiannis, der aus Sicht der Gäste Schlimmeres verhindert – wie etwa beim Stand von 3:5 und wenig später bei 4:6, als er mit Paraden einen Drei-Tore-Rückstand vereitelte.
Genau bei diesem Zwischenstand von 4:6 ereignete sich auch eine mögliche Schlüsselszene der Partie: ASV-Topshooter Julius Meyer-Siebert erhielt in der 13. Minute eine Rote Karte und fehlte dem ASV damit nicht nur als Torschütze, sondern auch im Innenblock neben Keno Jacobs. Und dort fehlten den Westfalen ohnehin schon die Alternativen, da sich Alexander Coßmann vor der Partie auch noch zu den Verletzten gesellt hatte. Und diese Liste war durch die zusätzlichen Verletzungen von Fabian Huesmann und Ian Hüter aus dem Spiel gegen Minden noch länger geworden (Marcos Colodeti, Felix Hertlein, Tom Jansen, Yonatan Dayan, Ian Hüter, Alexander Coßmann, Jakub Sterba, Mark Artmeier, Fabian Huesmann und Philip Jungemann). „Das ist eine krasse Situation, die ich in meiner Karriere so noch nie erlebt habe“, betonte Katsigiannis später.
Doch der ASV hatte Verstärkung aus der Reserve erhalten: Routinier Lars Gudat reiste am Freitag nach, auch Nicolas Körber, Niklas Mühlhauser, Torwart Ben Wollert und der A-Jugendliche Johann Vöing. Drei der Akteure waren sogar erst am Freitag nachgereist. Katsigiannis dazu: „Riesenrespekt an meine Mannschaftskollegen. Das war eine Teamleistung. Und da haben alle ihren Teil zu beigetragen. Einige sind ja heute sogar erst mit dem Bulli nachgereist. Das muss man erstmal so machen, dann so auf Außen und im Innenblock zu spielen.“ Und so gelang es den Westfalen schon im ersten Abschnitt, die Partie offen zu gestalten und trotz der denkbar schlechten Voraussetzungen mit einer leichten 12:11-Führung in die Pause zu gehen.
Im zweiten Abschnitt lieferten sich die Mannschaften knapp sieben Minuten einen offenen Schlagabtausch. Der ASV überstand dabei zwei Unterzahlsituationen, ohne in Rückstand zu geraten. Nach dem 15:15 durch den HSGler Jo Knipp traf zunächst der starke Spielgestalter Marc Andre Haunold zum 16:15 für den ASV, danach erzielte Nicolas Körber sein erstes Saisontor für den ASV in der Bundesliga zum 17:15 (38.). Nun wurden die Westfalen immer dominanter. Das Siebenmetertor von Christos Erifopoulos für Konstanz genau nach 38 Minuten sollte für über 14 Minuten das letzte Tor der Gastgeber sein. In dieser Zeit, die eingeläutet wurde von einem erfolgreichen Block des A-Jugendlichen Vöing im Innenblock, schraubte die Truppe von Michael Hegemann den Vorsprung vorentscheidend auf 23:16.
Kräftebedingt kamen die Konstanzer in der Schlussphase zwar noch auf 25:23 heran, mit dem Tor zum 26:23 weniger als zwei Minuten vor dem Ende sorgte Nachwuchsspieler Körber aber für die nötige Beruhigung, der ASV war auf die Zielgerade eingebogen, an deren Ende eine lange Heimreise mit zwei Punkten im Gepäck stand.
HSG Konstanz – ASV Hamm-Westfalen 25:28 (11:12)
HSG: Poltrum (12 Paraden, 35,3 %), Göres – Stotz (1), Czakó (3), Michelberger (2), Sproß (2), Erifopoulos (6/3), Schwormstede (1), Gorbunovs, Knipp (1), M. Pliuto, N. Pliuto, Hadlich (1), Fuhrmann, Köder (5), Schlafmann (2)
ASV: Katsigiannis (11, 33 %), Wollert – Vöing, Meyer-Siebert (1, Rote Karte 13.), Böttcher, Machner (8), Gudat (1), Mühlhauser, Haunold (7), Bornemann (4), Körber (3), Stüber (3), Jacobs (1)
Schiedsrichterinnen: Heinz/Lenhardt
Strafen: HSG 8 min, ASV 12 min (Rote Karte Siebert 13.)